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KI-Netzwerk zur Erkennung von Prostatakrebs in der Region Pforzheim/Enzkreis

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Gemeinsam für mehr Männergesundheit im Nordschwarzwald: Urologinnen und Urologen des KI-Netzwerks zur Erkennung von Prostatakrebs in der Region Pforzheim/Enzkreis (Foto: Siloah St. Trudpert Klinikum)

Gemeinsam für mehr Männergesundheit im Nordschwarzwald: Urologinnen und Urologen des KI-Netzwerks zur Erkennung von Prostatakrebs in der Region Pforzheim/Enzkreis (Foto: Siloah St. Trudpert Klinikum)

Männergesundheit im  Nordschwarzwald: Hochschule unterstützt Siloah St. Trudpert Klinikum

 

Jährlich erhalten 65.000 Männer in Deutschland die Diagnose Prostatakrebs. Es ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Auch in der Reihenfolge der krebsbedingten Todesursachen nimmt das Prostatakarzinom einen negativen Spitzenplatz ein und liegt nach dem Lungenkrebs an zweiter Stelle. „Viele Männer verzichten auf das Vorsorgeangebot und kommen erst mit Beschwerden in einem oft nicht mehr heilbaren Stadium zum Urologen“, berichtet Dr. Matthias Bittighofer, Urologe aus Pforzheim. Dabei ist eine frühzeitige Erkennung sehr wichtig, weil sich dadurch die Heilungschancen deutlich verbessern. Urologinnen und Urologen der Region möchten die Früherkennung von Prostatakrebs daher weiter verbessern: Im Zusammenschluss als „KI-Netzwerk Nordschwarzwald“ bieten sie seit einigen Monaten in ihren Praxen ein innovatives Verfahren an, das bei Krebsverdacht die herkömmlichen Ultraschallbilder der Prostata unter Zuhilfenahme künstlicher Intelligenz auswertet. Durch diese Auswertung kann der Ultraschall eine höhere Aussagekraft im Vergleich zum herkömmlichen subjektiv ausgewerteten Befund erhalten. Die Hochschule Pforzheim, genauer der Bachelorstudiengang „Medizintechnik“ der Fakultät für Technik, unterstützt das Vorhaben „Männergesundheit im Nordschwarzwald – Dezentraler Einsatz der KI in der Prostatakrebsfrüherkennung“ aus wissenschaftlich-technischer Sicht.

Drei herausragende Projekte zum Einsatz künstlicher Intelligenz in Gesundheit und Pflege werden durch das Land mit insgesamt 2,5 Millionen Euro gefördert. Neben dem Siloah St. Trudpert Klinikum werden das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg und das FZI Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe in Kooperation mit der Diakonie Baden gefördert. „Wir setzen neben der technischen Verbesserung der Krebserkennung vor Ort vor allem auf das enge Vertrauensverhältnis unserer niedergelassenen Urologen zum Patienten“, erklärt Prof. Dr. Stephan Kruck (Klinik für Urologie, Siloah St. Trudpert Klinikum). Zusammen mit seinem Chefarztkollegen Prof. Dr. Sascha Kaufmann (Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie) haben sie gemeinsam mit der Hochschule Pforzheim (Frau Prof. Ute Marx – Medizintechnik, Herr Prof. Sascha Seifert - Medizinische Informatik und Bioinformatik und Herr Prof. Norbert Schmitz - Künstliche Intelligenz und Robotik) und der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald das Projekt auf den Weg gebracht.

„Das vorliegende Projekt ist ein Paradebeispiel für angewandte Forschung, das die enge interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Kliniken / Ärzten auf der einen Seite und der Hochschule Pforzheim auf der anderen Seite weiter stärken wird. Mein Interesse war gleich geweckt, denn mit dem Ziel, Krankheiten und Krankheitsverläufe besser zu verstehen sowie Diagnose und Therapie zu verbessern, ist das beschriebene statistische Vorgehen unter Einbeziehung von KI inhaltlich und methodisch eng verwandt mit meinem Forschungsgebiet ‚Metabonomics‘“, erklärt Ute Marx.

„Aktuell begleiten Frau Marx, Herr Schmitz und ich das Projekt beratend. Ziel wäre es, künftig in Anschlussprojekten gemeinsame Arbeitspakete auch im Rahmen studentischer Projekte zu bearbeiten“, ergänzt ihr Kollege Sascha Seifert.

Professorin Ute Marx und Professor Sascha Seifert.Professorin Ute Marx und Professor Sascha Seifert.

Im vergangenen Jahr besuchten Prof. Kaufmann und Prof. Kruck die Fakultät für Technik im Rahmen der Vortragsreihe „IT Kolloquium“; hier eröffnen externe Referenten den Studierenden berufliche Möglichkeiten nach ihrem Abschluss. Umgekehrt seien auch die am Projekt Beteiligten Vertreter des Siloah St. Trudpert Klinikums herzlich eingeladen, Vorlesungen zu besuchen, die die Forschungsarbeiten inhaltlich bereicherten, so das Professoren-Trio der Hochschule Pforzheim.Als Vorsitzende der Sektion Urologie der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) und des Arbeitskreises Bildgebende Systeme der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) gelten Sascha Kaufmann und Stephan Kruck als international führend in der Krebsdiagnostik. Ihr Zentrum am Siloah St. Trudpert Klinikum verfügt über Erkennungstechnologien, die derzeit nur in wenigen deutschen bzw. europäischen Zentren verfügbar sind. Trotzdem sehen beide Experten einen hohen Bedarf die Versorgung aller Männer in der Region zu verbessern.  Es gilt die große Kompetenz der niedergelassenen Urolog*Innen, die mit Abstand die meisten Patienten versorgen, in den Fokus der wissenschaftlichen Forschungsförderung zu rücken. Aus diesem Grund haben beide den Antrag nicht auf die Förderung von Kliniken, sondern auf die Unterstützung der kassenärztlichen Praxen in der Region Pforzheim/Enzkreis ausgerichtet.

Neue Medizingeräte entwickeln, den Vertrieb in Medizintechnik-Unternehmen managen oder innovative medizinische Produkte vermarkten: Für die Umsetzung innovativer Ideen in leistungsfähige, praxistaugliche und kostengünstige Anwendungen sind interdisziplinäre Kenntnisse erforderlich, die nicht nur technisches und medizinisches Know-how vereinen, sondern darüber hinaus auch die Biowissenschaften miteinschließen. Dieses Wissen erwerben Studierende des Pforzheimer Bachelorstudiengangs „Medizintechnik“, der in enger Zusammenarbeit mit regionalen Medizintechnik-Unternehmen konzipiert wurde und zum Wintersemester 2012/2013 erstmals an den Start ging. Der Studiengang vermittelt Grundlagen in Chemie, Elektronik, Informatik, Konstruktion, Mathematik, Medizin, und Physik. Im weiteren Verlauf des Studiums folgen fachliche Vertiefungen in Betriebswirtschaft, Kundenkommunikation, Labordiagnostik/Bioanalytik, Medizinischer Gerätetechnik und Medizinischer Informatik.

 

Krebsvorsorge in der Praxis - Was wird untersucht?
Bereits seit den 70er Jahren ist die Tastuntersuchung der Prostata Bestandteil der Krebsvorsorge und wird von den gesetzlichen Krankenkassen ab dem 45.Lebensjahr übernommen. „Leider entgeht über die Hälfte der Krebserkrankungen bei einer Fingeruntersuchung, wenn Krebsherde ungeschickt liegen oder zu klein sind“, ergänzt Dr. Bittighofer. Bei einem Krebsverdacht wird dann eine zusätzliche Bestimmung des sogenannten PSA-Wertes (Prostata Spezifisches Antigen) im Blut empfohlen. Trotz vieler Debatten zum Einsatz dieses Tests, besteht Einigkeit, dass eine rechtzeitige Erkennung mittels PSA-Wert eine leidvolle Krebserkrankung und einen tödlichen Verlauf verhindern kann. Der Ultraschall über den Enddarm kann als ergänzende bildgebende Diagnostik eingesetzt werden. Neu ist, dass Urolog*Innen die Ultraschallbilder im Anschluss an die Untersuchung mit Unterstützung durch künstliche Intelligenz (C-TRUS-ANNA) auswerten lassen können, um Areale sichtbar zu machen, die bösartigen Tumore entsprechen können. Dieses Verfahren der „artifiziellen neuronalen Netzwerkanalyse“ (ANNA) konnte bereits in Studien belegt werden. „Männer entscheiden sich nach Beratung meist für eine verbesserte Vorsorge unter Zuhilfenahme des PSA-Bluttests und einer Ultraschalluntersuchung sowie der verbesserten KI-Analyse“, ergänzt berichtet Dr. Gerald Freier aus dem urologischen Zentrum am Krankenhaus Neuenbürg. Er nutzt die Unterstützung der KI-Analyse bereits. Die Kosten für die erweiterte Vorsorge belaufen sich inklusive Beratung auf ca. 160€ und werden von den gesetzlichen Kassen aktuell nicht übernommen. Sollten sich krebsverdächtige Bereiche der Prostata zeigen, kann im Anschluss eine Biopsie durchgeführt werden. “Bei Unsicherheit besteht im diagnostischen Verbund die Möglichkeit einer Kernspintomographie der Prostata, welche jedoch ebenfalls nicht Teil der gesetzlichen Krankenversicherungsleistung ist“, berichtet Prof. Kaufmann, welcher als Doppelfacharzt für Radiologie und Urologie als Experte der bildgebenden Diagnostik der Prostata gilt. An dieser Stelle sprechen die Experten von einer „skalierten Diagnostik“, welche die Untersuchungen in einem Stufenmodell anordnet. So werden in der Praxis bestmögliche Informationen unter Zuhilfenahme der Künstlichen Intelligenz gewonnen und in der spezialisierten Klinik, wenn notwendig, alle verfügbaren Diagnoseverfahren ausgeschöpft, um Krebs bestmöglich zu erkennen, beschreiben Prof. Kruck und Prof. Kaufmann gemeinsam das Konzept. Herr Dr. Freier führt dies an einem Beispiel aus: „Hat ein Patient eine unauffällige Tastuntersuchung, und entscheidet sich für die erweiterte Vorsorge mit Bestimmung des PSA-Wertes sowie Ultraschall inklusive der KI-Auswertung, ist keine weitere Diagnostik zu diesem Zeitpunkt erforderlich, wenn alle Untersuchungen unauffällig bleiben. Sollte umgekehrt ein eindeutig hochgradig krebsverdächtiger Befund vorliegen, würde umgehend eine Biopsie geplant. Dagegen wird im sogenannten Graubereich, wo sowohl gut- als auch bösartige Veränderungen vorliegen können, die weiterführende Abklärung mit Kernspintomographie empfohlen. Unser oberstes Ziel bleibt die rechtzeitige und maßgeschneiderte Krebserkennung für unsere Patienten. Und diese können wir mit dem KI-gestütztem Instrumentarium auf modernstem Wege leisten.“