Modellgestützte Systementwicklung - Wege zur Leistungssteigerung des Engineerings
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Am 27. März 2025 fand die Veranstaltung „Industrie trifft Hochschule“ statt, die Studierende, Unternehmen und Forschungseinrichtungen zusammenbrachte, um den Austausch zwischen akademischer und industrieller Praxis zu fördern. Die Veranstaltungsreihe der WSP Pforzheim und der Hochschule Pforzheim hat sich als Plattform etabliert, um innovative Ideen zu diskutieren, Kooperationen anzubahnen und Studierenden wertvolle Einblicke in aktuelle Themen der Industrie zu geben.
Prof. Dr. Hanno Weber, Experte für modellbasierte Systementwicklung an der Hochschule Pforzheim, begrüßte die zahlreichen Gäste der ausgebuchten Veranstaltung. Er betonte die Bedeutung der modellbasierten Systementwicklung: „Modellbildung, Simulation und Optimierung sind heute in allen Entwicklungsphasen von großer Bedeutung, insbesondere weil immer mehr digitale Komponenten in mechanische Bauteile integriert werden. Deshalb ist es so wichtig, dass unsere Studierenden den Ansatz zur Entwicklung komplexer Systeme verstehen lernen, bei dem die Information über ein Produkt oder System nicht mehr ausschließlich auf Dokumenten, sondern auf integrierten Modellen basiert“.
Die modellbasierte Systementwicklung (Model Driven Systems Engineering, MSE) ist ein Schlüssel zur Effizienz in der modernen Technik und hat sich in den letzten Jahren als entscheidender Ansatz in den Ingenieurwissenschaften und der Softwareentwicklung etabliert. Sie ermöglicht es, komplexe Systeme mit Hilfe formaler Modelle und Simulationen effizient zu entwerfen, zu analysieren und zu implementieren. Die Veranstaltung beleuchtet die Grundlagen, Vorteile und Anwendungsgebiete der modellbasierten Systementwicklung.
Die modellbasierte Systementwicklung basiert auf der Idee, dass ein präzises Modell eines Systems als Grundlage für dessen Entwicklung dienen kann. Diese Modelle können verschiedene Aspekte eines Systems darstellen, einschließlich Struktur, Verhalten und Interaktionen. Sie werden häufig in Form von Diagrammen dargestellt.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hörten drei Vorträgen, die von Experten aus der Industrie und der Hochschule vorgetragen wurden.
Die Digitalisierung hat unser Leben bereits stark verändert: Wir nutzen Navigationssysteme statt Papierkarten, wir schauen Tutorials statt Fachbücher, wir steuern unsere Heizung per Handy, um nur einige digitale Anwendungen zu nennen. Und in der Industrie? Auch hier verändert die Digitalisierung das Engineering. Digitale Datenmodelle und der digitale Zwilling haben längst Einzug in die Produktionsprozesse gehalten. Auf diese digitale Zukunft werden die Studierenden an der Hochschule vorbereitet. „Systems Engineering ist an der HSPF ein universeller Studiengang“, so Prof. Dr. Rainer Drath, Experte für mechatronische Systementwicklung, „der in der Vorlesung, in Projektarbeiten und in Forschungsprojekten Zukunftstechnologienerlebbar macht und Studierende auf ihre Zukunft vorbereitet.“ Am Beispiel eines Semesterprojekts erläutert er das Ausbildungskonzept: Studierende erfinden selbst ein technisches System und setzen es mit Methoden wie UML, CAD, Unity, Augmented Reality, Steuerungstechnik, OPC UA, MTP und der Verwaltungsschale lauffähig um. „Mit diesen Kenntnissen können sich die Studierenden überall bewerben.“
Continental mit Sitz in Ingolstadt entwickelt seit 1871 wegweisende Technologien und Dienstleistungen für eine nachhaltige und vernetzte Mobilität von Menschen und Gütern. Weiterentwicklungen und Innovationen werden durch digitale Systeme vorangetrieben und sind wesentliche Schritte in der Produktentwicklung. Dies erläutert Dipl.-Ing. Daniel Dürr von der Conti Temic Microelectronic GmbH am Beispiel des von Continental entwickelten intelligenten Türsystems. Die intelligente autonome Tür unterstützt komfortable Öffnungs- und Schließvorgänge und verhindert gleichzeitig das schnelle und damit unkontrollierte Zuschlagen von Fahrzeugtüren. Gleichzeitig sorgt sie mit ihren Funktionen zur Hinderniserkennung für mehr Sicherheit im Straßenverkehr und verhindert Beulen und Kratzer im Lack. Dürr lässt in seinem Vortrag den Entwicklungsprozess lebendig werden und zeigt so, wie Systemingenieure arbeiten. „Dabei ist es wichtig, dass Systemingenieure eine klare und verständliche Sprache sprechen, die alle Ingenieure verstehen. Ihre Fähigkeiten sind der Schlüssel zur Entwicklung“, sagt Daniel Dürr.
Ein zentrales Element der mechatronischen Systementwicklung ist die Verwendung von Modellen, um das Design und den Betrieb technischer Systeme zu analysieren und zu optimieren, bevor physische Prototypen erstellt werden. Dies reduziert nicht nur die Entwicklungszeit, sondern auch die Kosten, da Optimierungspotenziale frühzeitig erkannt und gehoben werden können. Am praktischen Beispiel einer Roboterzelle zeigt Professor Guido Sand, Experte für Automatisierungstechnik und Systemoptimierung, wie durch Modellierung in einer Softwareumgebung ein bestehendes System um bis zu 20% verbessert werden kann. Die Optimierung erfolgt durch Modellierung und nicht durch Programmierung. Das modellierte Optimierungsproblem lässt sich mit Hilfe ausgereifter Algorithmen lösen.
„Industrie trifft Hochschule“ war ein voller Erfolg und hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig der Austausch zwischen Wissenschaft und Industrie ist. Die Veranstaltung bot nicht nur wertvolle Informationen und Einblicke, sondern auch die Möglichkeit, Netzwerke zu knüpfen, die für die berufliche Zukunft der Studierenden von großer Bedeutung sind.
Die Hochschule Pforzheim plant bereits die nächste Veranstaltung und freut sich darauf, noch mehr Unternehmen und Studierende zusammenzubringen. In einer Zeit, in der die Anforderungen an Fachkräfte stetig steigen, ist der Dialog zwischen Industrie und Hochschule unerlässlich, um die nächste Generation von Innovatoren und Führungskräften optimal auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.
„Aktuelle Aussichten für Medizinprodukte‐Hersteller“, am 05. Juni 2025