Komplexe Theorien anschaulich vermittelt: Fallstudienbuch zum kritischen interkulturellen Management
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Prof. Dr. Jasmin Mahadevan: Praktische Beispiele statt trockener Theorie
„Cases in Critical Cross-Cultural Management“ (CCM) lautet der Titel eines kürzlich erschienenen Fallstudienbuchs, das ab sofort als das erste wissenschaftliche Werk seiner Art weltweit zur Vermittlung einer zeitgemäßen Kulturkompetenz in der internationalen Lehre und Praxis eingesetzt werden kann. Herausgeberin der 288 Seiten starken empirischen Materialsammlung ist die Pforzheimer Professorin Dr. Jasmin Mahadevan, Expertin für internationales und interkulturelles Management im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen der Fakultät für Technik der Hochschule Pforzheim – gemeinsam mit ihren Kolleginnen Henriett Primecz (Corvinus Universität Budapest) und Laurence Romani (Stockholm School of Economics). Jedes der insgesamt 16 Kapitel rückt Unterschiedlichkeit und daraus resultierende Herausforderungen und Chancen für Management und Unternehmen in den Fokus. Das Fallstudienbuch richtet sich an Studierende, Manager und Organisationen.
Thematisiert werden aktuell relevante Entwicklungen, wie etwa neue Machtverhältnisse in der Weltwirtschaft, beispielsweise durch den Aufstieg Chinas, die Zusammenarbeit in globalen virtuellen Teams, etwa auf Grund von Offshoring und Outsourcing, oder Migration und deren Bedeutung für international agierende Unternehmen. Hierzu liefert das Buch praxisnahe, anschauliche Beispiele jenseits des reinen Ländervergleichs. Der ausschließliche Fokus auf Nationalkultur ist zwar in der interkulturellen Wissenschaft zwar schon seit den 1990er Jahren zunehmend in der Kritik, doch bislang fehlte es an Material zur Umsetzung von facettenreicheren Alternativen in Lehre und Praxis. „Mit unserem Fallstudienbuch ändert sich dies nun“, so Jasmin Mahadevan.
„Unternehmen denken noch viel zu sehr in den Schwierigkeiten von Unterschiedlichkeit, als dass sie die ungenutzten Potenziale sehen: ‚Wer ist eigentlich unerwartet erfolgreich, und warum?‘ sollte die Frage lauten, und nicht: ‚Wie lösen wir ein vermeintliches Problem auf Grund der wahrgenommenen Unterschiedlichkeit einer bestimmtenn Gruppe von Personen?‘", empfiehlt Jasmin Mahadevan auch aus der eigenen Erfahrung als interkulturelle Trainerin und Beraterin.
Neu ist nicht nur ein Kulturbegriff jenseits der Konzentration auf die Nationalkultur, sondern auch eine spezielle Technik der Herangehensweise – eine Art Schnittmengenanalyse: „Während Unterschiedlichkeit früher als schwierig eingestuft wurde, richten wir den Blick nun auf die Chancen der Vielfalt und das Potenzial entsprechender Synergien: Eine multikulturelle Unternehmenskultur, die ihre Stärken aus der Intersektionalität, also der vorhandenen kulturellen Schnittmenge unterschiedlichster Akteure, gewinnt, wäre ideal. Ausgangspunkt für das Beschreiten neuer Wege ist zunächst der Fokus auf Kreuzungspunkte: Uns trennt zwar vieles, aber was haben wir denn vielleicht auch gemeinsam?“, so Jasmin Mahadevan.
Intersektionalität meint also das Bewusstsein und das Bewusstmachen, dass in interkulturellen Situationen stets verschiedene Identitätsmerkmale zusammenwirken, die es hinsichtlich ihrer Potenziale zu analysieren gilt. Der Kulturbegriff umfasst dabei zahlreiche Ebenen von Berufskultur und Organisationskultur über Abteilungskultur bis hin zu Teamkultur, und berücksichtigt auch Diversitätsmerkmale wie Alter, Geschlecht, Migrationserfahrung oder Religion und Weltanschauung.
Durch das Hinterfragen vermeintlicher „Normalitäten“ der Arbeitswelt ermöglichen alle Fallbeispiele so das Finden neuer, überraschender Lösungen. So zeigt sich beispielsweise aus einer Studie der deutsch-französischen Automobilindustrie, dass nationale Vielfalt in der Belegschaft dazu dienen kann, Frauen in der Technik zu fördern. Ein kanadisches Fallbeispiel verweist auf das integrative Potenzial muslimischer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die sich als queer identifizieren. Und eine ungarische Studie enthüllt vermeintlich „religionsfreie“ Unternehmenspraktiken in multinationalen Konzernen als unbewusst „christlich geprägt“, was wiederum andere Blicke auf alternative Weltanschauungen und religiöse Praktiken erlaubt. „Die Wege zur Hebung solcher verborgenen Potenziale für Management und Unternehmen aufzuzeigen, ist das Anliegen dieses Fallstudienbuchs“ so Jasmin Mahadevan.
Weitere Informationen:
Hintergrund zum Kulturbegriff: Diversity, identity, and cultural complexity