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Intelligente Honigwabe: Verhalten von Bienenvölkern im Winter besser verstehen

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Embedded Systems: Studierende entwickeln innovatives Temperaturmesssystem für Imker

 

Das Frühjahr und den Sommer über arbeiten die Bienen fleißig an ihrem Stock, in der kalten Jahreszeit stellen sie ihre „Außenaktivitäten“ ein. Sie bilden eine enge Traube und zehren von den gesammelten Vorräten. Nur wenige Details zu ihrem Verhalten in diesem Übergangszustand sind bekannt, nicht selten überleben sie diese Zeit nicht. Zehn bis 25 Prozent der Bienenvölker versterben jährlich während des Winters. Drei Studierende der Hochschule Pforzheim wollen dabei unterstützen, die Vorgänge im Bienenstock in Zukunft besser verstehen zu können. Christopher Chen, Tobias Faber und Jakob Luz studieren im Masterstudiengang „Embedded Systems“ (MES) an der Fakultät für Technik und haben die „Intelligente Honigwabe“ entwickelt: Ihr System erfasst über 600 Sensoren die Temperaturwerte innerhalb der Waben. Diese werden auf den modularen Messplatinen mittels Analog-Digitalwandlern ausgelesen und über einen Mikrocontroller an die zentrale Steuerung, die sich außerhalb des Bienenstocks befindet, übertragen. Via Mobilfunk wandern die Daten schließlich in eine Cloud und werden von dort aus über ein User-Interface, welches von den Studierenden selbst entwickelt wurde, zur Verfügung gestellt.

 

„Aktuell existiert keine Möglichkeit, die Temperaturverteilung innerhalb des Volks von außen zu messen. Jeder Kontrollvorgang ist mit einem Öffnen des Stocks verbunden, was die Bienen zum einen stört und zum anderen zu Wärmeverlust führt“, so die Studierenden. Durch ihre Neuentwicklung soll ein bisher nicht vorhandener „Einblick“ in die Vorgänge der Wintertraube ermöglicht werden, ohne die Bienen in ihrer Ruhe zu stören. Das entwickelte Messsystem unterscheidet sich von bisher bestehenden durch eine sehr exakte, ortsaufgelöste und simultane Erfassung der Temperatur. „So etwas ist bisher nur ein einziges Mal vor Jahrzehnten umgesetzt worden. Wir haben heute die Möglichkeit, das mit viel besserer Auflösung zu realisieren“, so Tobias Faber. Das Herzstücks des Messsystems der angehenden Ingenieure besteht aus einer dünnen Platine, die auf ein Imkerrähmchen montiert wird. Auf die Oberfläche dieser Platine werden Wachsplatten aufgebracht, auf die die Bienen ihre Wabenstruktur aufbauen. 600 Sensoren erfassen die Temperatur der Waben, darüber hinaus sind noch weitere Sensoren zur Messung der Luftfeuchtigkeit, Luftdruck sowie der Umgebungstemperatur verbaut.

Professoral betreut wurde die Projektarbeit „Measuring system for determining the temperature distribution in honeycombs - using IoT cloud and evaluation software“ durch Prof. Dr.-Ing. Alexander Hetznecker, Leiter des Bachelorstudiengangs "Technische Informatik" und Experte für Sensorik und Aktorik, sowie Prof. Dr. Kai Oßwald, Experte für Fertigungsverfahren. „Privat bin ich als Imker aktiv und konnte meine Erfahrung mit den Studierenden teilen“, so Kai Oßwald. Im Sommersemester 2021 wird der aktuelle Prototyp von einer weiteren Studierendengruppe weiterentwickelt werden – geplant sind unter anderem die Ausweitung von aktuell einem Rahmen auf bis zu zehn Rahmen des Bienenstocks sowie Stromversorgung via Solarenergie – um schließlich im heimischen Bienenstock des Pforzheimer Fertigungstechnikers Kai Oßwald ausprobiert zu werden. „Einige Details müssen noch verbessert werden; so müssen die Bienen die Möglichkeit haben, auf die andere Wabenseite zu wechseln. Wenn wir dann erfolgreich eine Überwinterung aufgezeichnet haben, können wir auf Bienenforscher zugehen und ihnen das System zur Verfügung stellen“, so der Professor. Durch ein besseres Verständnis der Vorgänge im Bienenvolk können in Zukunft die Völkerverluste bei der Überwinterung vielleicht reduziert werden.
Absolventen des Masterstudiengangs "Embedded Systems" erwerben die Fähigkeit, Automatisierungs-, Informations- und Kommunikationssysteme zu entwerfen. Sie beschäftigen sich mit den Themen Systementwurf, Hardware-Entwurf, Software-Design, Signaldarstellung und Informationsübertragung, Projektmanagement und Technikrecht. Theoretische und praktische Grundlagen werden im Rahmen anspruchsvoller interdisziplinärer Projekte verknüpft und vertieft. Nach dem Studium leiten Embedded-Systems-Experten als Fach- oder Führungskraft beispielsweise Entwicklungsprojekte oder übernehmen in kleineren Unternehmen die technische Gesamtverantwortung. Studienvoraussetzung ist ein guter Abschluss (2,5 oder besser) eines technisch orientieren Bachelor- oder Diplomstudiums, zum Beispiel der Elektrotechnik, Informationstechnik oder der Technischen Informatik, oder verwandter Hochschulgrade in Studiengängen wie z. B. Nachrichtentechnik, Mikrosystemtechnik, Automatisierungstechnik, Mechatronik, Medizintechnik oder Informatik, mit Schwerpunkt auf Embedded Systems.